Geistesblitz

Es gibt Tage, an denen ohne Vorankündigung Antworten oder Erkenntnisse durch meinen Kopf schießen. Mitten in den Alltag rein. Ich nenne sie Blitze, weil sie so schnell sind, dass man sie gleich speichern muss, sonst sind sie verloren. Geben Antworten auf Fragen, die Tage zuvor lautlos geformt wurden, bringen neue Ideen, hinterlassen ein verändertes Bild der Zukunft ... Anfangs misstraute ich ihnen, wollte nicht aus meiner konstruierten Wahrheit aussteigen, wollte meine weise Frau mit meinem Verstand ersticken. Lieber lange Umwege laufen, als stehen zu bleiben oder umzukehren. Wie soll man seiner Umwelt auch erklären, dass lang geplantes oder gelebtes auf einmal nicht mehr gilt, weil ein plötzlich auftauchender Gedanke deinem Kopf was anderes zeigt. Wir opfern der Anerkennung von unserer Umwelt viel; wir säen Ziele, Vorstellungen, adäquate Zukunftsvisionen - haltbar gemacht bis zur Pensionierung - und ernten dafür was? Einen Platz in der Gesellschaft, die uns mitträgt, solange wir funktionieren und uns ausspuckt, wenn wir nicht entsprechen. Findet die Normierung der Menschen, wie Huxley sie 1932 als Utopie beschreibt, schon statt? Oder ist es eine gute Tarnung der Angst, der Angst vor Neuem und Unbekanntem, die uns gemeinsam mit der Erfahrung fest im Griff hat? Sich ganz auf sich selbst zu verlassen, ohne Zuspruch von außen, muss nicht gleich radikales, gegen den Strom schwimmen heißen. Ein zur Seite treten, sich mal neben sich und neben die Masse zu stellen und einige Zeit als Zuschauer genießen, kann ein Anfang sein. Ein erster Schritt in Richtung Glaubenssätze-Überprüfung und Aussortieren fremder Wahrheiten.


Copyright Sabine Reinthaler